Kontrollierte Wohnraumlüftung

Neubauten und modern sanierte Gebäude bieten viele Vorteile.

In der Vergangenheit gehörten fehlende oder mangelhafte Isolierungen und undichte Fenster zur Normalität. Es wurde in unregelmäßigen Abständen gelüftet. Zum Lüften standen lediglich die Fenster zur Verfügung. Dabei ging teure Heizwärme verloren. Viele Insekten fanden ihren Weg ins Gebäude. Einen Vorteil boten diese Gebäude allerdings: Schimmelbildung war extrem selten. Weil ein ständiger Durchzug herrschte, bot sich kein Nährboden für Schimmel.

Neubauten stellen eine Herausforderung bei der Wohnraumlüftung dar. Vollwärmeschutz und Isolierverglasung schotten das Gebäude so gut ab, dass ein „Atmen“ nicht mehr möglich ist. Lüften schafft Abhilfe. Doch wer lüftet immer zum richtigen Zeitpunkt und mehrmals am Tag? Hinzu kommen störender Straßenlärm, eindringende Insekten, Blütenpollen und Staub.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist die Fensterlüftung nicht die beste Option. Optimal ist die „Kontrollierte Wohnraumlüftung“ (kurz KWL). Sie wird als zentrales und dezentrales Lüftungssystem angeboten. Da die Wohnraumlüftung auf die individuellen Anforderungen angepasst werden muss, sollte ein genauer Blick auf das Gebäude und seine Umgebung geworfen werden.

Kontrollierte Wohnraumlüftung – Das Raumklima als Wetterzone
Das Raumklima ist ein komplexes Thema. Es wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst und ist ähnlich wie die äußere Wetterlage zu betrachten. Natürlich fällt kein Regen, wenn die Dampfsauna durch das offene Fenster gelüftet wird. Jedoch hat das äußere Klima starken Einfluss auf das Raumklima im Gebäude. Diese Auswirkungen sollten minimiert werden, schon in alten Zeiten wurden die Gebäude entsprechend geplant.

Historische Lagerhäuser in der Hamburger Speicherstadt verfügen über derart dicke Wände, dass allein dadurch ein auf Dauer gleichbleibendes Raumklima existiert. Dadurch muss im Winter in der Regel nicht einmal geheizt werden. Ähnliche Bauweisen sind aus dem Mittelmeerraum bekannt. Dort sind die Wintermonate kein Problem, jedoch ist die Hitze im Sommer ein Anlass über eine geschickte Gebäudekonstruktion nachzudenken. Durch winzige Fenster sollte dort in alten Zeiten die Hitze draußen gehalten werden. Die kleinen Fenster tragen leider nicht zum Wohlfühlklima bei. Heute wurden sie durch große Fenster ersetzt und die Gebäude wurden mit Klimaanlagen ausgestattet.

Die Beeinflussung des Raumklimas stammt aber in der Hauptsache nicht von außen. Sie stammt von innen. Gleichbleibende Temperaturen herrschen meist in gleichmäßig beheizten Abstellräumen an der Nordseite des Gebäudes. Diese Räume werden selten betreten und das Raumklima ändert sich dadurch kaum. Küche und Bad hingegen unterliegen großen Schwankungen. Kochen erzeugt ebenso Wasserdampf wie Duschen und Baden. Während in der Küche eine Dunstabzugshaube genutzt wird, gibt es im Bad keine solche Vorrichtung.

Auch spielt es eine Rolle, wie viele Personen sich in einem Raum aufhalten und was sie dort tun. Ein Fitnessraum hat andere klimatische Bedingungen als ein Arbeitszimmer.

Was bedeutet „Kontrollierte Wohnraumlüftung“?
Mit Hilfe einer kontrollierten Wohnraumlüftung lässt sich das Raumklima steuern. Die Lüftung über Lüftungsschächte und geöffnete Fenster entfällt. Stattdessen übernimmt ein intelligentes Kontrollsystem die Lüftung. Die kontrollierte Wohnraumlüftung überwacht jeden Raum Tag und Nacht. Die meisten Systeme arbeiten nicht ausschließlich nach der Tageszeit oder aktivieren sich zu genau festgelegten Zeiten. Sie messen den Sauerstoffgehalt in den Räumen und reagieren bei Bedarf selbstständig.

Was haben die dezentrale und die zentral kontrollierte Wohnraumlüftung gemeinsam?
Beide Systeme nutzen eine Lufttauschanlage. Verbrauchte Raumluft wird nach draußen befördert und es wird Frischluft zugeführt. Eingebaute Filter entfernen Pollen und Staubpartikel aus der zugeführten Luft. Durch die kontrollierte Wohnraumlüftung geht selbstverständlich auch Heizungswärme verloren. Dies wird mit Hilfe von Lüftungssystemen und durch Wärmerückgewinnung weitgehend wieder ausgeglichen. Der geringe Wärmeverlust ist wesentlich weniger schlimm als eventuell entstehender Schimmel, der sich durch unzureichende Belüftung bildet.

In gut gelüfteten Räumen ist das Raumklima generell gesünder und wird als angenehmer empfunden. Die Bausubstanz wird nicht angegriffen, eventuelle Verkleidungen bleiben intakt. Die kontrollierte Wohnraumlüftung ist in jedem Fall empfehlenswert. Dabei ist es unerheblich, ob eine zentrale oder dezentrale Anlage gewählt wird.

In unterschiedlichen Räumen herrscht ein unterschiedliches Klima. Eine Speisekammer hat andere Anforderungen als ein Wohnzimmer, in dem das Raumklima zugleich ein Wohlfühlklima sein sollte. Durch die kontrollierte Wohnraumlüftung herrscht in jedem Raum im Gebäude das perfekte Klima.

Frische Luft und der Mensch
Zuviel Sauerstoff kann ein Mensch keinesfalls aufnehmen. Als optimal gelten in geschlossenen Räumen ca. 30 Kubikmeter Frischluft pro Stunde und Person. Dieser Wert ist hoch im Vergleich zu einem Rauminhalt von 40 Kubikmetern. Diesem Wert entspricht ein 16 Quadratmeter großer Raum mit einer Deckenhöhe von 2,5 Metern. Die Bereiche von Möbeln und anderen Gegenständen müssen abgezogen werden.

Der Luftaustausch in allen Räumen sollte regelmäßig erfolgen. Je nach Raum variiert die Menge der getauschten Luft. Abstellräume sollten pro Stunde einen Luftaustausch von 10 Kubikmetern erhalten. Bäder und Küchen benötigen den vierfachen Wert. Oberhalb der Kochstelle empfiehlt sich trotz der kontrollierten Wohnraumlüftung zusätzlich eine Dunstabzugshaube. Die Anlage kann so eingestellt werden, dass sie die Dunstabzugshaube mit einkalkuliert.

Die dezentrale Wohnraumlüftung
Bei Altbausanierungen bietet sich normalerweise die dezentrale kontrollierte Wohnraumlüftung an. Auch in Gebäuden mit mehreren Parteien kann diese Anlage die richtige Wahl darstellen. Der Einbau nimmt nur wenige Stunden in Anspruch. Die „Baustelle“ erstreckt sich lediglich auf den entsprechenden Raum. Es existieren Systeme mit einem oder zwei Zugängen nach draußen. Diese sind für die Zu- und Abluft erforderlich. Die kontrollierte Wohnraumlüftung nutzt oft Anlagen zur Wärmerückgewinnung.
Dabei kommt ein Wärmetauscher zum Einsatz. Er entzieht der abgeführten Luft die Wärme und fügt diese der zugeführten Frischluft wieder zu. Ein eingebauter Luftfilter sorgt für eine gesäuberte Frischluft. Bei der dezentralen Wohnraumlüftung verschwindet die Technik fast komplett in der Wand. Damit ist dieses System auch für denkmalgeschützte Häuser geeignet. Dennoch ist eine vorherige Rücksprache mit den zuständigen Behörden ratsam.

Die zentrale Wohnraumlüftung
In Neubauten ist die kontrollierte Wohnraumlüftung mittlerweile Standard. Bei Passivhäusern und Niedrig-Energiehäusern ist sie sogar absolut notwendig. Eine zentrale Wohnraumlüftung bietet einen Ausgang mit zwei Kanälen. An diesen werden alle Räume des Gebäudes angeschlossen. Bei Neubauten bietet sich die zentrale Wohnraumlüftung an, da hier die erforderlichen Leitungen direkt mit der Verlegung von Wasserrohren und Stromkabeln gelegt werden können.

Die zentrale kontrollierte Wohnraumlüftung kann im Gegensatz zur dezentralen Variante an eine Klimaanlage angeschlossen werden. Zentralanlagen erlauben zudem die individuelle Raumsteuerung.

Ein großer Vorteil der zentralen Wohnraumlüftung gegenüber der dezentralen Methode ist das Fehlen der Ventilatorgeräusche. Besonders im Schlafzimmer ist es angenehm ein optimales Raumklima zu erreichen und dabei keine störenden Geräusche wahrzunehmen.

Der Alptraum der unkontrollierten Lüftung
Natürlich kann auch bei der kontrollierten Wohnraumlüftung durch geöffnete Fenster Frischluft zugeführt werden.
Doch auch hier gilt die Grundregel, dass besonders an warmen Tagen ein Stoßlüften am Morgen optimaler ist als das ständig geöffnete Fenster. Besonders bei Passivhäusern und Niedrig-Energiehäusern ist dies zu beachten. Bei diesen Gebäuden entweicht aufgenommene Wärme nur sehr langsam. An kalten Tagen führt die Stoßlüftung zu keiner starken Abkühlung des Raumes. Sind die Fenster allerdings zu lange geöffnet, ist anschließend ein übermäßiges Heizen notwendig.

Unkontrolliert gelüftet werden sollte also nach Möglichkeit nicht. Dennoch ist es schön, dass die Möglichkeit des geöffneten Fensters weiterhin besteht. Sie sollte jedoch mit Bedacht gewählt werden. Die kontrollierte Wohnraumlüftung ist vorzuziehen.